Fazit Türkei (sehr persönlich)

Es ist nun mein mindestens zehnter Besuch in diesem wunderbaren Land, allerdings liegen zwischen unserer letzten Reise und heute rund 15 Jahre. Diesmal sind mir einige drastische Veränderungen aufgefallen, die ich mir einfach mal von der Seele schreiben muss, denn ich Liebe Land und Leute doch sehr.

 

Zunächst sollten wir festhalten, dass Jeder, wirklich Jeder, mit dem wir in den letzten drei Wochen Kontakt hatten, überaus herzlich zu uns war und dass wir uns wärmstens willkommen gefühlt haben. Selbst das einzige Schlitzohr, das wohl zuerst die Wegweiser vom Wanderweg entfernt hat und anschließend, als Pilzsammler getarnt, die Touristen auf den richtigen Weg zurückführt, war so charmant, dass wir ihm nicht böse sein können. Die Menschen waren so freundlich zu uns, dass wir uns oft ein wenig beschämt gefühlt haben.

 

Was das Land betrifft, so muss man allerdings feststellen, dass es die Türkei, die wir von früher kennen, leider auch nicht mehr gibt. Der ehemalige Sesam-Kringelverkäufer und seine Genossen von der Muslim-Front sind dabei, das Land gründlich umzukrempeln. Die (heutigen) Urteile gegen Journalisten sind dabei zuverlässige Zeichen, dass sich dieser Präsi um nichts mehr schert. Am Allerwenigsten, um den Ruf der Türkei in der mehr oder weniger freien Welt. Dabei geschehen die mannigfaltigen Veränderungen aber so, dass der gemeine Tourist davon praktisch nichts mitkriegt.

 

Megathema Alkohol. Das Land wird durch Tricks und Kniffe praktisch ausgetrocknet. Das billigste Bier beim Tekel, das sind meist winzige, oft schwer zu findende Läden, kostet etwa achtmal (!!!) so viel, wie in Deutschland. Dabei verdient der Durchschnittstürke etwa ein Viertel dessen, was sein deutscher Kollege heimträgt. Raki, das Nationalgetränk und in Deutschland eher ein Billigschnaps, ist praktisch unbezahlbar. In normalen Supermärkten gibt es ohnehin keinen Alkohol. 

 

Alkoholtrinken ist auch verboten auf der Straße. Dabei denken wir Deutschen natürlich an grölende Saufbrüder in öffentlichen Parks. In Istanbul dagegen haben in vielen pittoresken Vierteln die Besitzer winziger Lokale im Sommer Tischchen rausgestellt, wo sich die Nachbarschaft, auch mal zu einem Wein oder Raki, traf. Verboten. Nicht verboten dagegen ist die Open-Air-Gastronomie im Stadtteil Kumkapi, wo ohnehin nur TUI-ler bei überhöhten Preisen sitzen. 

 

 

Dieser Wirt wartet auf bessere Zeiten
Dieser Wirt wartet auf bessere Zeiten

Werbung für Alkohol: Auch verboten! Jetzt kann man nicht einmal erkennen, welches Restaurant zum Essen noch einen Wein oder ein Bier serviert (früher war das erkennbar - wie bei uns zuhause auch - an der Restaurant-Werbung, natürlich versehen mit dem Logo der Brauerei). Die mussten alle übermalt werden.

 

Restaurant mit Alkohollizenz: Zwischenzeitlich Mangelware. Selbst in einer Küstenstadt wie Samsun mit immerhin 300.000 Einwohnern ist es uns nicht gelungen, eins zu finden. Übrigens: Auch die vorhandene Hotelbar in Istanbul (Best Western) war nur mit Fanta und Cola dekoriert - kein Scherz.

 

Das alles gilt natürlich nicht für einen Touristenort wie Kusadasi. Dort können die Pauschaltouristen, wenn sie mal aus Ihren Club-Hotels rausgelassen werden, um gefälschte Uhren oder gefakte Markenklamotten zu kaufen, auch nach wie vor in Cafés, Terrassen oder Kneipen ein frisch gezapftes Bier oder einen Cocktail genießen. Wenn auch manchmal ein paar Gäste durch schwarz gebrannten Fusel draufgehen. Bei den derart hohen Steuern lohnt sich natürlich auch die Schwarzbrennerei.

 

Unislamisch ist wohl auch das Rauchen. Auch hier wurden in den letzten Jahren die Steuern drastisch erhöht. Aber das hat uns Reisende aus nachvollziehbaren Gründen jetzt weniger betroffen.

 

Lustfeindlich ist auch das Sperrstundengebot für Diskotheken. Nach Aussage einer Campingplatz-Betreiberin ist um Mitternacht Schluss. Und wie gerne hätten wir zwei wieder einmal so eine echte türkische „Müsikhol“ besucht. Dort gibt es, zugegeben, mal mehr, mal weniger seriös, alles, was den Besucher zum Pasha macht: Wein, Gesang und natürlich auch Weib in Form von Bauchtänzerinnen. Was war das für ein Spaß, bei wirklich leckerem Abendessen schmachtenden Sängern und Sängerinnen zuzuhören, einem großen türkischen Orchester zu lauschen, Varietédarbietungen zu sehen. Alles vorbei! Einen türkischen Nachtklub haben wir nicht gefunden. Natürlich wird in Kusadasi nach wie vor für Touristen gebauchtanzt und in Istanbul bieten die Luxushotels bestimmt auch noch immer teure Shows an. Das war allerdings nicht das, was wir suchten.

 

Und was macht der Brezelbub nun mit den ganzen Steuern, die er auf unislamisches Verhalten erhebt? Neben mal so rund 1000 Imamen, die er nach Deutschland schickt, damit den dort lebenden Landsleuten auch das richtige Verhalten gepredigt wird (Sharia-Polizei), werden vor allem Moscheen gebaut. Es ist kaum zu glauben, aber in fast jedem zweiten Ort, den wir durchfahren haben, wurden nagelneue Moscheen errichtet. (…nicht, dass es davon vorher keine gegeben hätte.) n.B. im Umkreis von Moscheen darf natürlich auch kein Alkohol verkauft werden, und wenn mann die geschickt platziert… Naja. zumindest ein Minarett haben wir mit unserem Durst bestimmt bezahlt.

 

 

Und dann die Eulen! In Istanbul war es früher wirklich die Ausnahme, wenn eine Frau ein Kopftuch getragen hat. In der Uni und in öffentlichen Gebäuden war das sogar verboten. Jetzt ist es genau umgekehrt: Bis hin zur Vollverschleierung, wo praktisch nur noch die Augen aus einem schwarzen Zelt rausschauen, ist das ganze Verhüllungsszenario zu betrachten. Im Basar gibt es ganze Viertel, wo nur islamische Mode verkauft wird. Praktisch, so konnte Monika sich gleich für die Reise in den Iran eindecken. An der Schwarzmeerküste sahen wir Acht- oder Neunjährige Mädchen, zu deren Schuluniform bereits das Kopftuch gehört.

 

Ach mein lieber Freund Atatürk, Du Vater der modernen Türkei, wie musst Du Dir im Grabe herumdrehen.

 

Gebaut werden nebenbei nicht nur Moscheen, sondern, praktisch in jedem etwas größeren Ort, jede Menge neue Wohnviertel. Das ist bestimmt gut für die Menschen, die bisher in teils unzumutbaren Behausungen gelebt haben, die schiere Menge an Neubauten lässt einen aber doch manchmal an Spanien denken. Wohin dort die Bauwut geführt hat, ist uns ja allen bekannt.

 

Fazit (sehr persönliches Fazit): Meine schöne, chaotische, tolerante und natürlich manchmal auch nicht ganz so saubere Türkei gibt es nicht mehr. Jetzt gibt es ja sogar einen TÜV-Türk.

 

Türkei, Du bist ein wundervolles Urlaubsland und hast viel mehr Touristen verdient, als in diesem Jahr zu Dir reisen werden (Angsthasen!!!). Du hast wunderbare Menschen, die Fremde mit offenen Armen empfangen. Was hast Du nur für einen Anführer???

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Karl-Heinz (Montag, 09 Mai 2016 15:26)

    Schlimm, schlimm, ich war dann auch in einer anderen Tuerkei.

    Die Kleidung der Maedchen und Frauen mit normalem Kopftuch ist wie in Malaysia, das stoert mich nicht.

    Aber dann warten wir mal, wie es in zehn Jahren in Deutschland ausschaut, die Brut ist ja genuegend vorhanden ...

  • #2

    Alireza (Montag, 16 Mai 2016 13:04)

    Tja, mein lieber Herr Schmid! Und so ist das der Anfang vom Ende, In Iran hat es auch so begonnen. Der Prä wird das Land in ein dunkles Loch führen und unsere Mutti hilft kräftig mit.