...und fragt, wo es am schönsten war, so ist das sicher Sansibar...

Warum in die Ferne schweifen, wenn's daheim auch so schön ist?
Warum in die Ferne schweifen, wenn's daheim auch so schön ist?

 

Naja, in Sansibar zumindest waren wir auf unserer (nahezu vollständigen) Weltumrundung sicher nicht. Dennoch passt der Ausschnitt aus Achim Reichels Liedtext ganz gut als Antwort auf die meistgestellte Frage, die uns nach unserer Rückkehr ereilte: 

 

"Wo hat es Euch denn am besten gefallen?"

 

Aber Spaß beiseite. So einfach können wir das nicht beantworten. Eigentlich hatten nahezu alle Länder, die wir besuchten, irgendetwas, das für uns besonders reizvoll war. Vielleicht lag es ja auch an unserer Art zu reisen, also, dass wir stets unabhängig waren und, wenn man von den mannigfaltigen Einschränkungen z. B. durch Visa- oder andere Vorschriften absieht,  immer dann, wenn ein Ort oder ein Übernachtungsplatz mal nicht so optimal war, gleich wieder weiterfahren konnten.

Im Vergleich zu unseren früheren Rucksackreisen genossen wir (klaro!!!) sowohl die Dauer der Reisezeit als auch besonders die absolute Unabhängigkeit, die uns unser tapferes Buschtaxi schenkte. Mit 150 Litern Frischwasser, 240 Litern Diesel, einem prächtigen Kühlschrank für immer kaltes Bier und Facilitäten zum Kochen, Schlafen oder einfach Rumsitzen kann man schon eine Zeitlang durchhalten. Wenn dann noch die hervorragende Geländegängigkeit (Allrad, Untersetzung, Sperren) dazu kommt, fühlt man sich wirklich so, als könnte man direkt auf den Mount Everest fahren (...haben wir übrigens auch nicht gemacht).

 

Erwähnenswert, weil vielleicht nicht selbstverständlich, ist wohl auch, dass wir es immerhin geschafft haben, uns über ein Jahr meist zu viert (...in China sogar zu fünft) in diesem kleinen Auto aufzuhalten, ohne uns ernsthaft auf den Keks zu gehen. Ausnahme ist hier vielleicht die unterschiedliche Ansicht der beiden Saltims über Zeitpunkt und Menge der Aufnahme alkoholischer Genussmittel. (Die beiden haben im Iran übrigens am meisten gelitten.)

 

Also: Das wären insgesamt 30 Länder, 38 Grenzübertritte, 5 aufwendige Visaverfahren, 1 Carnet de Passages, 3 Verschiffungen, ungezählte Versicherungen und befristete Einfuhrgenehmigungen (...nur mal so grob gesagt).

 

Jetzt also vielleicht ein paar Höhepünktli in der Reihenfolge ihres Erscheinens: 

 

Rumänien können wir jedem ans Herz legen, der Sinn für Natur und Freude am Wandern  hat. Alte K & K Städtchen sind noch nicht sooo touristisch überlaufen, Bier und (deftige) Küche prima (gibt übrigens auch Wein). Auch Bulgarien, das wir diesmal im Norden durchreisten, überzeugte uns mit schön bewaldeten Bergen und dem alten Städtchen Veliko Tarnovo (das keine Sau kennt). 

 

Die Türkei: Ein Kapitel für sich! Wir waren ja vor dem "Putsch" da und haben bereits damals ein tief gespaltenes Land vorgefunden. Moderne aufgeschlossene Menschen, vorwiegend die, die im Tourismus arbeiten und die schon seit Jahren unter der schleichenden Islamisierung litten (nicht auszudenken, wie sich dies jetzt verschlimmert hat) und Schleiereulen nicht nur im Osten sondern auch z. B. in Istanbul. Aber was soll man davon halten,  dass wir ausgerechnet in den am schlimmsten islamisierten Ländern Türkei und im Iran die freundlichsten  Menschen getroffen haben? Das Land hat ja auch Schätze wie z. B. Ephesus, Pergamon, Kuşadasi, das wild zerklüftete Ostanatolien, die Schwarzmeerküste und natürlich das kosmopolitische Istanbul. Soll man da noch hinfahren?

 

Schon vor dem Amoklauf des "Verbrechers in seinem 1000-Zimmer-Palaste" haben wir für uns beschlossen, das Kapitel Türkei abzuschließen. Von Atatürks "moderner Türkei" ist praktisch nichts mehr übrig. Allerdings bestraft jeder, der die Türkei meidet, gerade die Menschen, die weltoffen denken und Einkünfte aus dem Tourismus dringend brauchen. Muss halt jeder selbst entscheiden, wir fahren erstmal nicht mehr hin.

 

Wie zuvor erwähnt, haben wir im Iran die nettesten Begegnungen gehabt. Ein freundliches "Welcome to Iran!" gehört auf Schritt und Tritt zur Tagesordnung. Als Ausgleich dazu sind die Iraner mit Abstand (mit weitem Abstand) die rüpelhaftesten Autofahrer, die wir auf unserer Reise getroffen haben. Aber da Ihr als Leser dieser Zeilen wohl eher nicht die Gelegenheit habt, Euch in den Straßenverkehr von Täbris oder Mashad zu stürzen, erzählen wir lieber davon, wie malerisch z. B. der Basar von Täbris, wie prächtig das wunderbare Isfahan und wie (bi-)göttisch die heilige Stadt Mashad ist. Fahrt hin, wenn Ihr einen zweiten Pass (und im Anschluss ein Visum) für die USA habt, wenn Ihr mal ein  paar Wochen ohne Alkohol, Bratwürste und Schweineschnitzel auskommt und wenn es Euch nichts ausmacht, Euer Haupt Tag und Nacht bedeckt zu halten (Letzteres betrifft nur die Damen (Anmerkung des weiblichenTeils der Reisegruppe: ist doof, besonders im Sommer).

 

Die "-stan-Staaten" beeindrucken mit orientalischer Architektur, die das Abenteuer Seidenstraße wirklich erlebbar macht, (...vor allem Usbeki...), mit sowjetischer Ostalgie (Kasach..) und mit wirklich atemberaubender Landschaft und Einsamkeit (Kirgisi..). Das Turkmeni... wollen wir mal vergessen, außer dem Gaskrater von Derweze gibt es hier nur Absurditäten anzuschauen.

 

China: Großes Land, viele "Sehnswudigkeiten" (lt. unserem Guido) und mit ausländischem Auto immer unter Kontrolle. Fest steht: Es ist anders, als wir uns vorgestellt haben. Wir waren ja auch "nur" im Westen, weil wir auf dem kürzesten Weg durchfahren wollten. Damals haben wir uns gesagt: "Hier müssen wir noch einmal her, vielleicht ohne Auto und evtl. auch nach Tibet". Aber nach den Eindrücken unserer gesamten Reise gibt es für uns andere Prioritäten.

 

Und die "übrigen" asiatischen Länder unserer Reise? Laos mit dem einzigartigen Luang Prabang und der lässigen Hauptstadt Vientiane, Thailand mit der alten Königsstadt Ayuttayah - es ist halt einfach, dort zu reisen. Die Menschen sind buddhistisch friedlich, das Essen schmeckt, die Sonne scheint und außerdem, weil es halt sonst einfach zu easy gewesen wäre, haben uns die Thailänder mit ihren supertollen nagelneuen Einreisebestimmungen für ausländische Fahrzeuge erst einmal die Einreise verweigert. Und das so kurz vor unserem Halbzeitziel. 

 

Aber wir sind dennoch sicher bei der Familie Faber in Melaka, kurz vor Singapur, angekommen und bedanken uns hier noch einmal für die großartige Gastfreundschaft. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen in Deutschland im Sommer. Da müssen nicht nur ein paar Tiger daran glauben!

 

Jetzt also USA. Auch hier konnten wir uns noch vor der Wahl des "alternativen Fakten Trumpinoccio" durchmogeln. Was sollen wir schreiben - USA kennt ja jeder. Auch durch Mexico sind wir, entgegen einiger Befürchtungen heimatlicherseits ohne jedes Problem durchgereist. Haben wir eigentlich schon einmal erwähnt, dass die Mexikaner  noch höflichere Autofahrer sind, als die ohnehin schon sehr rücksichtsvollen US-Amis?

 

Dann Mittelamerika, für uns wieder einmal Neuland. Die Länder mit den hohen Mordraten haben wir flugs durchfahren, in Costa Rica und Panama sind wir etwas länger geblieben. Erwähnenswert vielleicht noch Tikal in Guatemala. Vergleichbar vielleicht nur noch mit Angkor Wat in Kambodscha (...wo wir übrigens auch noch nicht waren).

 

Panama ist wunderbar und noch wunderbarer ist Kolumbien. Diese beiden Länder stehen bei uns auf der Liste für eine kürzere Fernreise ohne eigenes Buschtaxi (Jahresurlaub) ganz oben.  Insbesondere Kolumbien besticht mit großartiger Landschaft, bezaubernden Städten z. B. Cartagena, oder Örtchen z. B. Mompos. Außerdem ist die Musik die beste auf der ganzen Reise und die Menschen (insbesondere die weiblichen) gehören zu den attraktivsten der Welt (...auch, oder vielleicht gerade, weil dort die Doktoren bei der Schönheit etwas nachhelfen). Hier hat noch kein allzu großer Massentourismus Einzug gehalten - kommt her, bevor es zu spät ist. Die einzige Gefahr ist, dass Sie bleiben wollen, titelt die Tourismusbehörde. Recht so!

 

Ecuador hat uns gezeigt, dass südamerikanische Länder auch unter sozialistischer Regierung Fortschritte machen können. Die Währung (US Dollar) ist stabil, es wird in Ausbildung, Gesundheit und Infrastruktur investiert. Die Kriminalität ging zurück. (Klar, wenn die Menschen Jobs haben, die sie ernähren.)

 

Auch Peru war neu für uns und zeigte, wie schmutzig ein Land sein kann. Definitiv das dreckigste Land unserer Reise. Im Gegenzug gibt es aber dort im Süden massiv gehäuft Reisehighlights wie die Nasca-Linien, das einzigartige Machu Picchu oder den Titicaca-See. Alles in allem ein sehenswertes Land.

 

Chile und Argentinien sind ja, im Gegensatz zu den vorher durchreisten Ländern, fast schon wieder europäisch. Im Norden erklommen wir die Anden und reisten durch wilde Landschaften mit Lagunen (...saukalt, 4.200 m hoch), unbefestigten Serpentinenstrecken, schroffen Felsformationen in mannigfaltigen Farben, im Süden dagegen durften wir die endlose Weite Patagoniens kennenlernen. Seen, schneebedeckte Berggipfel, wilde Landschaft begleiteten uns bei mehrmaligen Grenzübertritten bis zum ideellen Ziel unserer Reise, der südlichsten Stadt der Welt: Ushuaia in Feuerland. Dazwischen ein weiterer Höhepunkt: Der Gletscher Perito Moreno bei Calafate. Ja... weil uns dann noch ein wenig Zeit übrig geblieben war und die (ewiglange) Fahrt an der Ostküste Argentiniens saulangweilig ist (ich sag nur Pampa, Pampa, Pampa), da haben wir uns halt noch einmal in den Norden aufgemacht, um wieder einmal die herrlichen Wasserfälle von Iguazú zu bewundern.

 

Ja, das war's dann schon (fast). Der Süden von Brasilien ist so langweilig wie der Ochsenfurter Gau, also großteils mit endlosen Feldern für genoptimierte Sojaprodukte bestückt (Mahlzeit: Tofu-Schnitzel) und von Uruguay ist auch nicht mehr zu erzählen, als das, was Ihr ja bereits in unseren Blog-Einträgen lesen konntet.

 

Vielleicht habt Ihr jetzt aus den vorhergehenden Zeilen herauslesen können, wo unsere Herzen gerne noch ein wenig länger verweilt wären, falls nicht: Einfach losfahren und selbst herausfinden.

 

Nach der Frage, "wo wars am schönsten" kommt meist die Frage Nr. Zwei: "hat denn Euer Auto durchgehalten?". 

 

Kurze Antwort: Ja!

 

Ausführlichere Antwort: mehr als 56.000 Kilometer ohne Probleme. Über 7.000 Liter Diesel. Nur ein Reifenwechsel, dazu kann unser Toyota aber nix. Auch wenn er gequalmt und geraucht hat, wir sind bis auf 4.500 Höhenmeter gekraxelt. Wir sind unendlich lange Strecken auf unbefestigten Straßen gefahren und haben nur drei Steinschläge in der Scheibe (bereits vor Ort repariert). Den Allrad haben wir sehr selten gebraucht, waren aber in diesen Fällen froh, darüber verfügen zu können. So schlimm, dass wir die Sperren einsetzen mussten, war's glücklicherweise nie.

 

Und noch etwas: Einerseits verschafft die etwas martialische Optik unseres Reisemobiles Respekt, zumindest gegenüber Verkehrsteilnehmern im Iran oder in Kirgisistan - andererseits ist unser Toyo auch Sympathieträger, insbesondere bei Damen, die wir auf Campingplätzen treffen (aber nicht nur). Da muss Monika schon mal die eine oder andere "Hausbesichtigung" durchführen.

 

Zu guter Letzt bedanken wir uns wirklich von ganzem Herzen für die tolle Anteilnahme, die wir durch Postings oder auch persönlich erfahren durften. Wenn es dem Einen oder Anderen gefallen hat, was wir hier so verzapft haben, dann macht uns das auch froh.

 

Jetzt sind wir also wieder daheim und im Gegensatz zu so manchen "Overlandern", die wir unterwegs getroffen haben, und die oft Jahre, ja manchmal Jahrzehnte unterwegs sind, haben wir hier eine liebevolle Familie, eine supertolle Nachbarschaft, viele gute und beste Freunde und Freundinnen und (zumindest die Erwerbstätige im Team) einen Stall voller netter Arbeitskollegen. Euch alle wiederzusehen, hat uns eine große Freude bereitet und die Schmerzen über das Ende unserer phantastischen Reise versüßt. Und wen wir jetzt noch nicht

getroffen haben, den sehen wir (hoffentlich) bald. Versprochen!  

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