Regenzeit: Erdrutschzeit

Unsere Zeit in China nähert sich langsam aber sicher ihrem Ende. Wir haben die Provinz Sichuan mittlerweile verlassen und befinden uns in Lijiang in der Provinz Yunnan. Hier sind wir mitten in der Regenzeit gelandet, was auch die gestrige Anreise hierher erschwert hat: für ca. 260km haben wir sage und schreibe 10 Stunden gebraucht.

Soviele verschiedene Mangosorten auf einen Haufen habe ich noch nie gesehen
Soviele verschiedene Mangosorten auf einen Haufen habe ich noch nie gesehen

Bereits in der Nacht hatte es in Panzhihua (in China bekannt für den Mango-Anbau - die gibt es hier in allen möglichen Größen, Formen und Farben) stundenlang gewittert, und auch am Folgetag regnete es fast durchgängig in Strömen. Demzufolge war dann auch die Hauptstrecke gesperrt, und wir mussten auf eine Nebenstrecke ausweichen. Die Strecke an sich ist phantastisch und schlängelt sich in Serpentinen an steilen Berghängen ins Gebirge hinauf. Unter einem rauschen wilde Gebirgsflüsse ins Tal. Blöd nur, dass sich auch schwerbeladene LKW den Berg hinaufquälen - und der Toyo ist nun mal kein Rennwagen, mit dem man mal so eben überholen kann (schon gar nicht, wenn es bis auf 2.700m hinaufgeht). Zudem lagen auch hier aufgrund der anhaltenden Regenfälle immer wieder mehr oder weniger große Steine oder Felsbrocken auf der Straße. Glücklicherweise fuhren wir meist auf der bergabgewandten Seite.

 

Na ja, nach 150km hatten wir dann auch prompt trotzdem den Salat: Ein herabstürzender Felsbrocken hatte einen LKW an der Fahrertür erwischt und war mitten auf der Straße liegengeblieben. Ein nachfolgender LKW wollte links daran vorbei und rutschte in den Graben. Die Folge: ein ewig langer Stau. Polizei, die den Verkehr regelt? Fehlanzeige. Zwei Stunden später hatten wir uns dann an der Unfallstelle vorbeigequält und weiter ging es nach Lijiang.

Den Plan, die Altstadt unsicher zu machen - immerhin handelt es sich um eine der am besten erhaltenen Altstädte Chinas - ließen wir aufgrund der anhaltenden Regenfälle fallen und verschoben ihn auf den nächsten Tag.

Verregnete Altstadtgasse in Lijiang
Verregnete Altstadtgasse in Lijiang

Heute dann also Altstadt. Leider regnet es auch heute in weiten Teilen wieder in Strömen. Da nutzen auch Regenschirm und -jacken irgendwann nichts mehr, und wir retten uns vor dem Unwetter in ein schönes Café (N's Kitchen), wo wir den ersten "richtigen" Kaffee seit Deutschland zu uns nehmen (wenn man von dem einen Cappuccino und dem anderen Mokka in der Türkei absieht). Findet Ihr banal? Wenn Ihr in einem Land unterwegs seid, in dem man zum Abendessen heißes Wasser und zum Frühstück anstelle von Tee oder Kaffee heiße Milch oder auch gerne mal heißen Orangensaft als Getränk (das ist weder lustig noch lecker) serviert bekommt, seht Ihr das irgendwann mit anderen Augen. Der Arabica kommt übrigens aus Yunnan und schmeckt ziemlich gut.

Clubhouse-Sandwich in N's Kitchen
Clubhouse-Sandwich in N's Kitchen

Hier werden wir übrigens später noch einmal einkehren, um uns weiteren westlichen Genüssen hinzugeben. Es stehen nämlich Tuna- und Clubhaus-Sandwiches auf der Karte. Zwar sind wir mittlerweile in der Lage, Spiegeleier, Schweinebauch in Scheiben, Nudelsuppe und sogar (kleine) Fische mit Stäbchen zu speisen (mit der Eleganz eines circa dreijährigen Chinesen), aber nach nunmehr dreieinhalb Wochen China und insgesamt vierzehneinhalb Wochen Weltreise braucht es auch mal wieder was "auf die Faust".... wobei man beim Verzehr derartiger Sandwiches offen gestanden auch nicht gerade elegant aussieht.

Oettinger-Hefeweißbier aus der Dose: 7,50€ pro Stück
Oettinger-Hefeweißbier aus der Dose: 7,50€ pro Stück

Am Abend dann wieder Chinesisch! Wir sind wieder (leidlich getrocknet) zurück in der Altstadt (...immerhin UNESCO Welterbe) und laben uns in einem prächtigem Foot-Court an Nudelsuppen-Eintopf, leckeren Spießen und Pilzen mit Wachteleiern. Alles ausgezeichnet. Dann, auf besondere Empfehlung von Axel in die Bargasse. 

(Exkursion: In dem uns bekannten China gibt es, unserer Erfahrung nach, kaum gemütliche Kneipen oder Bars, in denen man einfach mal ein leckeres alkoholisches Getränk zu sich nehmen kann. Entweder es sind Restaurants oder Karaoke-Clubs oder halt Bars, in denen auch Mädels zum Programm gehören).

 

Also Bargasse. "Da gehen viele junge Studenten hin. Das ist echt super!" Auweia: Da ist der Ballermann ja nix dagegen. Es reiht sich ein Schuppen an den anderen und in jedem ist der Lärm noch lauter als vorher. Überall Live-Musik, aber was für welche. Stimmungskanonen feuern aus allen Geschützen. GoGos tanzen, chinesisches Jungvolk rastet aus. Damit wir nicht ganz unverrichteterdinge wieder heim müssen, suchen wir uns eine Bar mit halbwegs erträglicher Lautstärke und (chinesischer) Live-Popmusik. War nicht so schlecht. Aber da es Bier nur als 6er oder 12er Packung gibt, entscheiden wir uns für ein Importgetränk aus Deutschland: Siebeneurofünfzig haben wir für eine (!!!) Dose aus dem Hause Oettinger bezahlt. Unser gesamtes Abendessen war kaum teurer. Danach hatten wir genug vom Trubel und sind nach Hause.

Ein Wort noch zu unserem Hotel: Als Ausländer darf man in China nicht in jedem Hotel übernachten. Das Golden Spring Hotel in Lijiang hat jedoch zwei Sektionen: den "International" und den "National" oder "Minority" (...auch) kein Witz Guestyard. Da wir nicht mehr als 50$ pro Nacht ausgeben möchten, hat uns unser Axel ein Zimmer im "National Guestyard" verschafft. Die Zimmer sind einfacher als die, die wir in den letzten Wochen bewohnt haben, aber durchaus nicht schlecht. Den fehlenden Luxus macht der Service wett. Jeden Abend finden wir frischen Kuchen und kleine Geschenke vor, wenn wir heimkommen. Gestern gab es metallene Trillerpfeifen, heute merkwürdige kleine Amulette (oder was auch immer). Für die frischen Mangos, die wir Zimmer hatten liegen lassen, gab es einen Teller und ein Obstmesser. Ist mir in Deutschland noch nicht passiert (und ein ordentliches Hoteldoppelzimmer für 33€ habe ich dort auch noch nicht gehabt). 

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Kommentare: 3
  • #1

    Eddy und Moni (Sonntag, 10 Juli 2016 11:58)

    Auch sowas muss man erleben, die einen essen teures Eis in Florenz, die anderen eine Dose Bierfür 7,50 € vielleicht war da ja Dosenpfand darauf(Spässchen) noch eine schöne Zeit für euch

  • #2

    Inge und Wolfgang (Sonntag, 10 Juli 2016 20:21)

    Hallo liebe Monika lieber Rainer,wieder so ein faszinierender Bericht über Land und Leute, welcher für uns auf so wunderbare Art die unbekannten Seiten von diesem exotischen Land beschreibt. Eure humorvollen und lebendigen Schilderungen selbst bei diesen widrigen Wetterverhältnissen sind wirklich bemerkenswert.Eure Mühe dafür zum wiederholten Male verdienen eine besondere Anerkennung.
    Wir hoffen, daß es bei Eurem heutigen Etappenziel in Kunming trockener ist. Habt Ihr in Chengdu eigentlich auch die Pandabaeren besucht? Oder hatten sie sich des Wetter wegen unsichtbar gemacht? Herzliche Grüße und weitere gute Fahrt. Inge und Wolfgang

  • #3

    Harry Knapp (Montag, 11 Juli 2016 09:07)

    Hallo ihr Beiden
    Ich liebe Euren Blog. Schaue erst mal morgends rein ob es was Neues gibt.
    Oettinger in China für 7,50 - da hab ich ne Idee !
    Firma H.W. Knapp - Import/Export :-))).
    Das Sandwich ist echt nicht von schlechten Eltern.
    Liebe Grüße
    Harry