Unbekanntes Peru

Mit Peru bereisen wir derzeit ein für uns beide neues Land. Zumindest ich habe wenn ich "Peru" gehört habe, bisher hauptsächlich an Panflötenspieler auf der Kölner Domplatte oder in anderen Fußgängerzonen, an hohe Andengipfel und Machu Picchu gedacht. Wie anders zeigt sich uns Peru jedoch bisher: Da die Panamericana in Küstennähe verläuft, fuhren wir bis jetzt rund 1.300km im Wesentlichen durch karge Wüstenlandschaften.

 

Was gibt es über Peru bisher zu berichten: Zum Einen - das muss man leider sagen - ist Peru das mit Abstand schmutzigste Land, durch das wir im letzten dreiviertel Jahr gefahren sind (sobald man sich einer menschlichen Ansiedlung nähert, häufen sich über Kilometer die Müllberge am Straßenrand). Zum Anderen aber haben wir die Peruaner als ebenso herzlich und gastfreundlich wie die Iraner kennengelernt. Aber der Reihe nach: Von Trujillo aus sind wir nur ca. 20km weiter nach Huanchaco gefahren, einem Surferparadies an der Küste. Dort haben wir in einer Hosteria mit angeschlossenem Camping (und Pool) den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag (der in Peru übrigens kein Feiertag ist) verbracht.

Außer uns war noch eine französische Familie mit zwei kleinen Jungs (Marie, Fred, Arthur und Louis) sowie den Großeltern (nur zu Besuch) auf dem Camping. Außerdem lernten wir Nelly und Marco, ein peruanisches Paar mit zwei halbwüchsigen Kindern (Claudia und Julian) kennen, die uns mit einem peruanischen Weihnachtsbrauch bekannt machten: Nelly ließ es sich nämlich nicht nehmen, den gesamten Campingplatz mit heißer Schokolade und Paneton (den wir als italienischen Panettone kennen) zu bewirten. Außerdem schickte sie Marco los, um gegrillte Hähnchen zu besorgen. Diese wurden dann als Belag auf Brötchen ebenfalls der gesamten Campingplatz-Bewohnerschaft kredenzt. Da Rainer etwas unpässlich war, wurde ich zu Nelly und Marco in die Ferienwohnung eingeladen, wo ich mich nett über die Unterschiede des peruanischen und deutschen Bildungssystems unterhalten habe.

 

Am zweiten Weihnachtstag besichtigten wir Chan Chan, eine beeindruckende archäologische Stätte der verschwundenen Chimú-Kultur. Chan Chan war zu ihrer Blütezeit mit 60.000 Einwohnern wahrscheinlich eine der größten Städte des südamerikanischen Kontinents und eine der größten aus Lehm erbauten Städte der Welt. Leider ist die Stätte aufgrund der Lehmbauweise zum Einen durch El Niño, zum Anderen aber durch Grundwasseranstieg und illegale Ansiedlungen bedroht und steht auch auf der Roten Liste des gefährdeten Welterbes. Die Bilder vermitteln einen ganz guten Eindruck.

Weiter ging es, wieder durch staubige Gegenden, mit einer Übernachtung in einem Vogelparadies, direkt nach Lima. Dabei hat es jetzt auch mal den(!) Fahrer erwischt: Nach dem Überholen eines fast stehenden LKWs bei doppelt durchgezogener Linie wurde ich gestoppt. Aber eigentlich ist das Überholen hier normal, es macht jeder so. Es ging halt nur um die Kohle! Ursprünglich geforderte 150 Soles konnte ich auf 20 runterhandeln - den Weg in die Staatskasse haben die aber bestimmt nicht gefunden.

 

Also Lima!  Was für ein Unterschied zwischen dem ländlichen Raum und der Stadt. Und was für bittere Armut wir sehen müssen. Einfach ein paar Schilfmatten und fertig ist die Hütte. Und nicht nur am Rande der Acht-Millionen-Metropole gibt es ebensolche Quartiere ohne Wasser, Strom oder Straßenzugang. Auch was das betrifft, ist Peru an der Spitze dessen, was wir bisher gesehen haben. Kein Wunder, wenn diese Perspektivlosigkeit Kriminalität und Gewalt nach sich zieht. Welten trennen unserer Ansicht nach Peru und Ecuador. Eigentlich hätten wir die Situation genau entgegengesetzt eingeschätzt. 

 

Naja... wegen Silvester (Nachtrag: Am Heiligabend in Trujillo waren alle Restaurants, die wir uns ausgesucht haben, geschlossen und wir mussten in einer Art Systemgastronomie "speisen") haben wir uns im edlen Stadtteil Miraflores eingemietet und zwar nicht im Toyo sondern im Hotel. Weil bei der Buchung offenbar etwas in die Hose gegangen war, kamen wir in den Genuss eines Upgrades. Deshalb sitzen wir jetzt im Salon, denn wir haben nicht nur zwei Zimmer mit Küche und Ankleideraum sondern eine Essecke, zwei(!!!) Fernseher und (natürlich) einen riesigen Whirlpool im Schlafzimmer. Außerdem einen tollen Blick auf die umherliegenden   Luxuswohnungen der Gegend. Vom Meer trennen uns ein paar hundert Meter. Allerdings muss man dazu sagen, dass Lima zwar direkt am Meer, dennoch auf einer Art Plateau liegt. Zwischen der letzten Häuserzeile und dem Wasser liegen vielleicht einhundert sehr steile Höhenmeter (kein Aufzug, wie in Valparaiso, keine Seilbahn, wie in Kolumbien, nur Straße oder Pfade), so waren wir also nicht direkt am Wasser.

Gestern, Silvester, haben wir den ersten Teil der Nacht im Zentrum von Miraflores verbracht, nachdem wir tagsüber bereits die historische Altstadt von Lima besucht haben (rund neuen Kilometer von hier). Klar: Weltkulturerbe und, auch klar, zumindest die historischen Paläste sind eindrucksvoll in ihrer Pracht. Zwischen hier und dem Zentrum stehen die üblichen Hochhäuser der üblichen Verdächtigen: Banken, Versicherungen, Handy-Gesellschaften. Aber weiter weg, das haben wir bei der Herfahrt gesehen, fährt man im wahrsten Sinne des Wortes stundenlang durch verstopfte Straßen durch nicht sehr menschenwürdige, heruntergekommene Stadtteile. Naja... das neue Jahr wurde stilvoll irgendwann einmal im Whirlpool begrüßt, schönen Gruß auch an unsere Zimmernachbarn. Und heute lassen wir es ruhig angehen, weil es morgen endlich wieder weiter geht. Wohin? Na... endlich dahin, wo es hoffentlich so aussieht, wie man sich im fernen Deutschland Peru vorstellt: Zunächst nach Nazca zu den berühmten Linien und dann nach Cuzco, Machu Picchu und zum Titicaca-See. Bereits übermorgen muss der Toyo auf 4.500m klettern. Und auch danach bleiben wir zweitausend Kilometer meist oberhalb der Viertausender. Mal sehen, ob wir das schaffen. Falls nicht - dann wird es spannend, denn wir müssen den gesamten Rest unserer Reise umplanen. 

Haben wir eigentlich schon von den gelben Unterhosen erzählt? Nein! Nicht sooo gelb, wie Ihr vielleicht glaubt, sondern richtig in gelber Farbe. Das ist nämlich so: Weil es hier kein Sauerkraut gibt, das man, wie in Franken der Brauch, am Neujahrstag essen soll, damit das Geld nicht ausgeht, zieht man zum Jahreswechsel unbedingt gelbe Unterwäsche an. Wirkt besonders, wenn selbige verkehrt herum getragen wird. Außerdem hatte gestern jeder irgendetwas Gelbes an (Hütchen, Kleidchen, Accessoire etc.). Mal sehen, ob es etwas genutzt hat.

Zum Schluss der Laberei noch einmal unser Gruß an alle Leser und unsere allerherzlichsten Wünsche für ein erstklassiges 2017. Prost Neujahr!

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Ulla und Michael (Montag, 02 Januar 2017 17:36)

    Auch für Euch ein gesundes, glückliches und weiterhin erlebnisreiches Neues Jahr! Sichere Weiterfahrt und viele schöne Momente wünschen aus der Ferne
    Ulla und Michael

  • #2

    KaHei (Freitag, 06 Januar 2017 13:03)

    Wir sind nach mehreren tausenden Meilen Flug nach und von Deutschland nun endlich wieder im warmen Melaka ... und ich kann wieder regelmaessig Eure spannenden Berichte lesen.

    Ich schliesse mich der Message von Ulla und Michael an .... hallo Ulla hallo Michael!