Wildes Patagonien

Ach, wie ist das schön hier! Tausende von Kilometern treiben wir uns nun schon in Patagonien herum. Diese Gegend ist, so sagen es selbst die Argentinier, nicht so recht geographisch festgelegt - jedoch beginnen bereits ab Bariloche vermehrt die "Hotels Patagonia", Frisiersalons, Schokoladengeschäfte dito. Ähnlich halt wie in Aschaffenburg, kurz hinter der hessischen Grenze der erste "Bayerische Hof" auftaucht. 

Weite und Leere sind direkt spürbar. Oft gibt es auf rund fünfhundert Kilometern höchstens mal eine kleine Tankstelle im Niemandsland (mit sündhaft teurem Sprit). Und sonst nix!

Hier fährt man nicht wegen der menschlichen Ansiedlungen hin - wer hier reist, will Natur erleben und selbige bietet in Hülle und Fülle für Naturfreunde ein reichlich sortiertes Angebot. 

Hochalpine Landschaft wechselt sich mit sanfter von Hügeln durchzogener Steppe ab.  Unzählige tiefblaue Seen durchbrechen die Topographie. Eindrucksvolle Gletscher lassen uns zusehen, wie Massen von uraltem Eis in Seen brechen. 

Wenn wir bisher gedacht haben, eine Reise, wie die unsrige sei mehr oder weniger einmalig: In Patagonien merken wir, dass wir uns getäuscht haben. Trotz der Weite, oder vielleicht gerade deswegen, gibt es nur verhältnismäßig wenig Straßen, viele davon nur als Gravel-Road oder Dirt-Road. (Name = Programm). Aber hier ist es schon fast alltäglich, dass einem mehr oder weniger große Fahrzeuge von Overlandern aus Europa oder Nordamerika entgegenkommen. Wir sehen in zwei Stunden mehr Unimogs, Ivecos oder andere umgebaute Geländefahrzeuge mit Kabinen als auf der gesamten ersten Hälfte unserer Reise nach Malaysia. Die Panamerica hat halt noch immer nichts von ihrer Anziehungskraft verloren - für fast alle, wie natürlich für uns auch, ist Ushuaia Ziel oder Ausgangspunkt der Abenteuertour. 
Während wir es uns mit vier Rädern und Allradantrieb sowohl beim Fahren als auch beim abendlichen Zusammensitzen in der Toyo-Bar gemütlich machen können, ist das für die vielen Motorradfahrer aus der ganzen Welt schon etwas anspruchsvoller. Nicht unbedingt alle Unterkünfte entsprechen europäischem Standard und wer den ganzen Tag im Staub auf den Spuren, die LKWs hinterlassen haben, fährt, braucht eine auch wirklich heiße Dusche dringender als wir. Die absoluten Helden aber sind die, die die Panamericana (...viele natürlich auch nur Teile davon) per Fahrrad bezwingen. Hochachtung vor diesen Cracks! Im Staub, im Zelt und oft über hunderte Kilometer kein Zeichen von Zivilisation. Und trotzdem gibt es davon wirklich ganz schön viele.

Jetzt also kurz zu unserer Route. Näheres zeigen einfach die Bilder, die wir unterwegs gemacht haben: Nach unserem wunderbaren Aufenthalt im Weinbergs-Camping fuhren wir nach Perito Moreno (Ort). Aufgepasst: Perito Moreno gibt es als Ort, als Nationalpark und als Namen für den herrlichen Gletscher der aus (natürlich) gleichnamigem Berg entspringt. Dazwischen aber immer Hunderte von Kilometern. Man kann sich also schon mal vertun. Also die Stadt Perito Moreno glänzte mit dem schlechtesten Steak, das man uns jemals in Argentinien, ja vielleicht sogar in ganz Südamerika vorgesetzt hat. Sonst nix!  Und dann: Tres Lagos. Auch nix los, außer teurem Benzin und viel Wind. Aber immerhin haben wir so unspektakulär mal rund tausend Kilometer hinter uns gebracht. Und schon wird es wieder schöner: In El Chaltén, am Fuße der berühmten Fitz Roy Massivs tummeln sich so viele Backpacker und Wanderer wie am Damrak in Amsterdam zu Zeiten der Hippies in den siebziger Jahren. Tolle Atmosphäre - sehr, sehr, sehr einfacher Camping mit noch sehr einfacheren Sanitarios. Aber wir haben eine wundervolle Wanderung durch den Naturpark Los Glaciares gemacht. Wie gesagt, die Natur ist einmalig. Leider haben sich Fitz Roy und Cerro Torre mal wieder in Wolken versteckt. Und schon gehts weiter nach El Calafate, Ausgangspunkt für den etwa 60 Kilometer weiter liegenden Südteil des Parkes Los Glaciares mit dem eindrucksvollen Gletscher (...gelernt??? richtig: Perito Moreno). 

Der Gletscher gehört bestimmt zu den spektakulärsten Erlebnissen unserer Reise. Auch wenn, wie erwähnt, das ganze Patagonien landschaftlich unheimlich reizvoll ist, der Gletscher ist eine Sensation. Wir waren vor vielen Jahren bereits einmal dort, hatten diesmal aber (vielleicht jahreszeitlich???) das Glück viele "Kalbungen" des Gletschers erleben zu können. Das muss man sich einmal vorstellen: Die Abbruchkante ist über fünf Kilometer lang und bis zu siebzig Meter hoch. Ständig knackst und knirscht es, wenn sich Sprünge in der riesigen Eismasse bilden. Und dann passierts: Ein siebzig Meter hohes Trum, groß wie ein Hochhaus bricht heraus, stürzt unter ohrenbetäubendem Lärm in die Fluten und es entsteht eine Welle, die das vereiste Wasser ans Ufer schwappen lässt (wo weitere Eistrümmer angeschwemmt werden. Der abgebrochene Teil geht unter, taucht wieder auf und schwimmt dann ruhig als Eisberg auf dem Lago Argentino davon. Absolut einmalig. Leider haben wir da noch nicht mit dem Handy draufgehalten, so müsst Ihr mit ein paar kleineren Abbrüchen, die wir gefilmt haben Vorlieb nehmen.

Nach zwei Nächten in Calafate verbringen wir noch eine Nacht auf einem naturbelassenen Camping im Nationalpark, der (nicht der Park, sondern der Camping) alle Annehmlichkeiten eines europäischen Campingplatzes bereithält. Leider nicht alltäglich in Argentinien. Ein anderer Overlander hat einmal gepostet: Argentinien ist ein Land mit einem Warenangebot gleich dem von Kuba, dem Service der ehemaligen Sowjetunion mit einem Preisgefüge der Schweiz. Langsam sehen wir das auch so. Dabei lassen die Banken aus dem Geldautomaten nur zwischen achtzig und hundertzwanzig Euro raus und dafür nehmen die Verbrecher noch rund sechs Euro Gebühren. Kein Wunder, dass eines der Geldautomaten-Netzwerke "Link" heißt: Da ist der Name Programm. 

 

Genug gemault: Wir sind wieder in Chile und zwar in Punta Arenas. Da wir nach Ushuaia ohnehin über Chile fahren müssen und nicht zweimal die gleiche Strecke fahren wollten, haben wir diese Option gewählt. Der Plan ist zunächst über die Magellan-Straße überzusetzen. Und dann??? Schaumermal!

Wie angekündigt noch ein paar verwackelte Handy-Videos von Gletscherabbrüchen (der ganz große ist leider nicht dabei).

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